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Sternenfeuer trifft Meerwasser

Hamburgs Planetarium ist eines der modernsten der Welt. Doch Planetariumsdirektor Thomas Kraupe reicht die Welt des Alls nicht mehr - er will alle Welten verbinden.

Von Jens Lubbadeh

In Jena leuchteten sie zuerst, vor mehr als achtzig Jahren. Die künstlichen Lichtpunkte am Firmament eines menschengemachten Sternenhimmels. Herzstück des neuartigen "Sternentheaters" war ein revolutionärer Projektor der Firma Zeiss. Die neue spektakuläre Idee der Inszenierung der Sterne verbreitete sich schnell. Planetarien sprossen allerorts aus dem Boden: Wuppertal, Leipzig, Düsseldorf, Dresden und Berlin hatten auch bald solch ein Sternentheater. So auch Hamburg, das 1930 in einem Wasserturm ein Planetarium einrichtete.

Aus Planetarien sollen wieder Sternentheater werden

Thomas Kraupe, Direktor des Hamburger Planetariums, will aus den Planetarien wieder Sternentheater machen. "Leider wurden die Planetarien oftmals zu Orten, wo sich der Blick in den Himmel auf das Aufsuchen von Sternen und Sternbilder beschränkte". Er sucht den interdisziplinären und interkulturellen Ansatz: "Das Planetarium ist ein Weltbildsimulator, eine Kathedrale der Natur, die den Planeten Erde aus einer neuen Perspektive zeigen soll. Wir wollen, dass hier die Naturwissenschaften den Geisteswissenschaften begegnen."

Der Erfolg gibt ihm Recht. Seit der 10 Millionen Euro teuren Modernisierung des Planetariums im Jahr 2003 haben sich die Besucherzahlen verdreifacht. Nicht nur wurde der Wasserturm grundsaniert - die Hälfte des Geldes wurde in neue Technologie investiert, und das Planetarium mit einer modernen digitalen Projektionsanlage aufgerüstet. Das Angebot ist vielfältig, bietet nicht nur aufwändig produzierte Computeranimationen, sondern auch Vorträge zum Regenwald, visuelle Musikpräsentationen wie Pink Floyds "Dark Side Of The Moon" und jede Menge Vorstellungen für Kinder.

Die Erde - wie eine Insel im Ozean des Alls

"Unendliche Weiten" heißt eine von Kraupes erfolgreichsten Shows. Der Name scheint bei ihm Programm zu sein, denn der Planetariumsdirektor denkt längst weiter und größer. Vor allem an Platz mangelt ihm in dem Turm, der ursprünglich gar nicht große Besucherzahlen ausgelegt war. Und so sorgte in den letzten Monaten die umstrittene Idee für Aufsehen, das Planetarium bis zum Jahr 2011 in die neue Hafencity der Hansestadt zu verlegen. Zusammen mit einem Aquarium soll es dort in ein Science-Center integriert werden. Obwohl die Idee derzeit geprüft wird, steht die Zukunft des Planetariums nach Ansichts Kraupes nicht in den Sternen, sondern es gibt eine große Wahrscheinlichkeit, dass diese Vision Wirklichkeit wird.

So wäre die Verbindung Sterne - Wasser, 1930 im Wasserturm erstmals geschlossen, in einem Science-Center mehr als nur eine räumlich größer dimensionierte Neuauflage - sie wäre inhaltlich ein Novum. Die auf den ersten Blick zunächst ungewöhnliche Kombination zwischen dem Feuer der Sterne und dem Wasser der Tiefsee ist so erstaunlich nicht, wenn man sie aus der extraterrestrischen Perspektive Kraupes betrachtet: "Auch wir sind isoliert auf dem Planeten Erde, schwimmen im Ozean des Weltalls umher. Was passiert, wenn wir neue Zivilisationen entdecken, so wie damals neue Kontinente entdeckt wurden?"

Wichtig ist Kraupe allerdings eine gelungene inhaltliche Brücke zwischen dem Kosmos All und dem Kosmos Tiefsee. "Wir möchten, dass das Aquarium nicht nur eine Schau bunter Fische wird, sondern im Zusammenspiel mit den anderen Räumlichkeiten das Thema 'Welt der Ozeane' angemessen behandelt."

Neue Chance für den alten Turm

Die Pläne sind ehrgeizig und es gibt auch viel Kritik an dem Projekt - so lehnen die SPD und die GAL die Pläne ab. Streitpunkte sind zum einen die enorme Summe von 47 Millionen Euro, die das Science-Center kosten soll und der Verlust des gerade renovierten Planetariums für den Stadtpark. Im Herbst 2006 soll die endgültige Entscheidung über die Zukunft fallen.

Doch was wird aus dem alten denkmalgeschützten Wasserturm, sollte es tatsächlich zum Umzug kommen? "Es gibt derzeit eine Arbeitsgruppe, die dafür Lösungen erarbeitet", sagt Kraupe. "Wir würden uns natürlich auch für den Fall eines Umzugs weiterhin eine inhaltliche Verbindung zwischen beiden Einrichtungen - der alten und der neuen - wünschen. Schließlich hängen wir an dem Turm, er ist für uns ein Stück Geschichte."

Aber es würde auch dem alten Wasserturm neue Möglichkeiten eröffnen: "Die große Kuppel des Wassertanks in der Spitze des Turms konnten wir aus Sicherheits- und bautechnischen Gründen nie nutzen", sagt Kraupe. "Und die ist wirklich eine Kathedrale."

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